Rahmenfertigung für die Plastik Entropa von David Černý

Über die visuelle Form von Entropa wurde und wird sicherlich noch viel geschrieben und deshalb werde ich mein Kommentar mehr oder weniger auf die technische Darstellung beschränken. Die Aufgabe der Firma VEDeX in diesem Projekt war, einen Rahmen zu entwickeln und herzustellen, in dem die einzelnen Länderelemente aufgenommen werden. Anschließend haben wir neben dem eigentlichen Rahmen auch die blauen Gestelle für 22 Länderelemente gebaut. Im Laufe der Umsetzung achtete David Černý konsequent darauf, dass sämtliche Informationen über die tatsächliche Form nicht zu der Öffentlichkeit gelangen, was ihm auch bis zum dem Augenblick gelang, als die Plastik im Gebäudeatrium des EU Ministerrates in Brüssel installiert wurde. Auch uns war die Außenhaut der einzelnen Länderelemente bis zum eigentlichen Schluss, als es notwendig war, zu prüfen, ob die anknüpfenden Bestandteile zueinander passen, und eventuelle Kollisionen zu beseitigen, nicht bekannt.

Die erste Vorbereitung lief in Februar 2008 durch. Zuerst war es erforderlich, die Art und Weise der Anknüpfung der einzelnen Konstruktionen zu entwickeln und zu testen, wobei die Verbindungselemente auf keine Weise in die Außenseite des Gehäuses eingreifen dürften. Dann folgten die Entwürfe für die Dimensionen, die Wanddicke der einzelnen Teile und eine Optimierung der Fertigungstechnologie, um die gewünschten mechanischen Eigenschaften zu erreichen. Die eigentliche Umsetzung erfolgte mit Unterbrechung im Zeitraum von Mai bis Dezember 2008. Die Montage der gesamten Plastik in Brüssel dauerte vom 5. bis zum 11. Januar 2009. Während der Umsetzungsphase mussten wir mit ständigen Änderungen in der Vorgabe und mit einer ganzen Reihe von daraus folgenden Problemen zurechtkommen. Es wurde mehrmals die Art und Weise der Installation geändert. Von den ursprünglich sechs Ankerpunkten blieben letztendlich nur noch zwei übrig. Die endgültige Methode für die Befestigung an die Betonkonstruktion des Atriums und die Konsolenaufhängung wurden erst knapp eine Woche vor der eigentlichen Montage abgestimmt.

Mit immer weniger Ankerstellen stiegen die Ansprüche in Bezug auf die Festigkeit und Steifigkeit der Konstruktion. Die beabsichtigte Art und Weise der Montage mit Unterstützung von Bergsteigern mit Bergsteigtechnik forderte jedoch wieder eine Erhöhung der Anzahl von Verbindungspunkten, damit der Rahmen in Einzelteile mit einer Gewichtsgrenze von max. 200 kg zerlegbar ist. Die einzelnen Anforderungen waren also sehr widersprüchlich. Es traten wiederholt weitere prinzipielle Probleme auf, die zum kompletten Scheitern des Projektes führen konnten. Bei der Fertigung mussten wir also viel improvisieren und die Rahmenkonstruktion in der Weise neugestalten, dass diese für alle beabsichtigten Eventualitäten einsetzbar ist. Die endgültige Form der Rahmenkonstruktion wiegt beinah 6 Tonnen und im Atrium ist sie auf zwei Hülsen mit einem Abstand von 15 m aufgehängt. Die korrekte Geometrie ist mit Stahlseilen fixiert. Die Durchbiegung des unteren Querträgers beträgt dabei weniger als 2 cm. Die installierten Länderelemente, Stahlkonsolen, Elektroinstallation und weitere Bestandteile wiegen zusammen weitere 2 Tonnen, so dass das Gesamtgewicht der Plastik knappe 8 Tonnen beträgt. Der Rahmen wurde aus einem Glasschichtstoff hergestellt. Die geraden Teile wurden maschinell aufgewickelt. Die Kniestücke, T-Stücke, Verbindungsflanschen, innere Querträger und Endstücke wurden manuell laminiert. Der Überzugslack wurde mit einer umweltfreundlichen wasserlöslichen Farbe durchgeführt. Die zur Rohrachse gemessene Höhe und Breite betragen 15,9 m und 16 m; das Gesamtausmaß ist also 16,4 x 16,5 m. Die Kontur und der mittlere senkrechte Träger haben einen Durchmesser von 500 mm, die fünf inneren Querträger haben einen Durchmesser von 400 mm und die einzelnen Vorstöße 350 mm. Die Wanddicke schwenkt, je nach der Belastung in den einzelnen Stellen, zwischen 6 bis 13 mm. Die inneren Verstärkungen der Verbindungspunkte und Flanschen sind bis zu 30 mm dick. Auf dem Hauptrahmen gibt es insgesamt 27 Flanschverbindungspunkte. Die Träger und Vorstöße sind mit weiteren
56 atypischen gewölbten Flanschen mit Verteilerunterlegscheiben verbunden.

Die blauen Gestelle der 22 Länderelemente wurden ebenfalls aus einem Glasschichtstoff hergestellt und setzen sich aus der Hinterwand und aus 35 cm hohen Seitenteilen zusammen. Die Oberfläche wurde in einer Form durch Gelcoat-Auftrag gebildet. Diese Gestelle nutzte das Team von David Černý für die Platzierung von plastischen Frontseiten, Elektronik, Hintergrundbeleuchtung, Lautsprechern, mechanischen Vorrichtungen und weiteren Bestandteilen, die die einzelnen Länder darstellen, aus. Die Verbindungspunkte zwischen dem Rahmen und den einzelnen Länderelementen wurden aus geschlossenen Stahlprofilen mit einem Ausmaß von 60x60 mm und 40x40 mm und einer Wanddicke von 3 mm hergestellt. Bei den großflächigen Länderelementen mit drei und vier Aufnahmen sind die Verbindungspunkte mit Justierunterlegscheiben ausgestattet. Als Verbindungsmaterial wurden Festigkeitsschrauben und Gewindestäbe der Klasse 8.8 in den Dimensionen M12 bis M16 eingesetzt.

Bei der Installation in Brüssel wurde zuerst der ganze Rahmen flach zusammengebaut. Dann wurde ein Teil der Länderelemente bestückt und nach dem Hochstellen wurden die restlichen Länderelemente aufgesetzt, die wegen dem hohen Gewicht oder großen Ausmaß nicht bereits auf dem Boden eingebaut werden konnten. An der Montage beteiligten sich David Černý mit drei Künstlern, vier Bergsteiger, zwei Techniker von unserer Firma, zwei Kameramänner, die den Verlauf der Montage dokumentiert hatten und auch dort geholfen haben, wo es erforderlich war, und ein Angestellter der tschechischen Vertretung in Brüssel, der für die Klärung sämtlicher Formalitäten und die Sicherstellung der erforderlichen Technik zuständig war, und ohne dessen Unterstützung die Installation wahrscheinlich überhaupt nicht machbar wäre.

Die Regierungspolitiker haben dem Autor auch die Mystifizierung mit 26 nicht existierenden Künstlern verziehen und somit kann man die Plastik im vollen Glanz und mit allen mechanischen, Licht- und Toneffekten sehen. Mir persönlich gefällt das Ergebnis sehr und ich hoffe, dass diese Art von Humor auch den meisten Europäern gefallen wird.

David Hudec, 16. 1. 2009

Weitere Informationen finden Sie auf den Webseiten von David Černý.


Verzeichnis der Projektbeteiligten:

Ivan Němec
Er bereitete die Software-Modelle für die Belastung der Konstruktion vor, die als Basis für die Erarbeitung der Fertigungstechnologie und die Auslegung der Wanddicken dienten. Außerdem legte er Entwürfe für die Stahlkonsolen zur Aufhängung der Plastik und die Ausmaße der Stahlelemente von der Rahmenkonstruktion vor.

Michal Flohr
Er war für die Fertigung und Montage der Stahlkonsolen, die Aufhängung des Rahmens auf die Konsolen und die Bestückung mit Länderelementen in der Endposition verantwortlich.
Die Firma Polytex wickelte die atypischen Rohrrohlinge anhand unserer Spezifikation auf, und zwar mit mechanischen Eigenschaften, die für diesen unüblichen Einsatz optimiert wurden.

Michal Poník
Er war für Logistik und Handlingstechnik für die Installation vor Ort in Brüssel verantwortlich.

Abschließend möchte ich mich bei David Černý für diese interessante Arbeit und auch bei meinen Kollegen Miloš Šistek, Martin Mihola und Zdeněk Novák bedanken.


Fotos:

Testverbindung - Probe

Testverbindung - ProbeTestverbindung - ProbeTestverbindung - ProbeTestverbindung - ProbeTestverbindung - Probe

Rohrteile für die künftigen Rahmenvorstöße

Rohrteile für die künftigen Rahmenvorstöße

Rahmen spiegelbildlich gedreht, Zusammenstellung auf dem Hof - Probelauf

Rahmen spiegelbildlich gedreht, Zusammenstellung auf dem Hof - Probelauf

Rahmenmontage in der Fertigungshalle

Rahmenmontage in der FertigungshalleRahmenmontage in der Fertigungshalle

Rahmenquerträger ohne und mit Anstrich

Rahmenquerträger ohne und mit AnstrichRahmenquerträger ohne und mit Anstrich

Aufhängung des Rahmens mit zwei Kränen in Neratovice - Probelauf

Aufhängung des Rahmens mit zwei Kränen in Neratovice - ProbelaufAufhängung des Rahmens mit zwei Kränen in Neratovice - ProbelaufAufhängung des Rahmens mit zwei Kränen in Neratovice - Probelauf

Blick in das Innere des Rahmens

Blick in das Innere des Rahmens

Lkw-Beladung in Neratovice

Lkw-Beladung in Neratovice

Lkw-Entladung im Atrium des EU-Ministerrates in Brüssel

Lkw-Entladung im Atrium des EU-Ministerrates in BrüsselLkw-Entladung im Atrium des EU-Ministerrates in Brüssel

Zusammenstellung des Rahmens auf dem Fußboden im Atrium

Zusammenstellung des Rahmens auf dem Fußboden im AtriumZusammenstellung des Rahmens auf dem Fußboden im AtriumZusammenstellung des Rahmens auf dem Fußboden im Atrium

Hochziehen in die Aufhängungsvorrichtung auf Konsolen mit Hilfe von Kettenhebern und zwei elektrischen Gabelstaplern

Hochziehen in die Aufhängungsvorrichtung auf Konsolen mit Hilfe von Kettenhebern und zwei elektrischen GabelstaplernHochziehen in die Aufhängungsvorrichtung auf Konsolen mit Hilfe von Kettenhebern und zwei elektrischen GabelstaplernHochziehen in die Aufhängungsvorrichtung auf Konsolen mit Hilfe von Kettenhebern und zwei elektrischen GabelstaplernHochziehen in die Aufhängungsvorrichtung auf Konsolen mit Hilfe von Kettenhebern und zwei elektrischen Gabelstaplern

Blick auf die komplette Plastik unmittelbar nach dem Hochziehen in die Endposition

Blick auf die komplette Plastik unmittelbar nach dem Hochziehen in die Endposition